Ein Holzschnitzer schnitzte einen Glockenständer aus kostbarem Holz.
Als der Glockenständer fertig war,
da bestaunten ihn alle Leute, die ihn sahen, als ein göttliches Werk.
Der Fürst von Lu besah ihn ebenfalls und fragte den Meister:
“Was habt Ihr für ein Geheimnis?”
Jener erwiderte: “Ich bin nur ein Handwerker
und kenne keine Geheimnisse, und doch, auf eines kommt es dabei an.
Als ich an die Arbeit dachte, die Ihr mir befohlen hattet
da hütete ich mich, meine Lebenskraft in Gedanken zu verzehren.
Ich fastete, um mein Herz zur Ruhe zu bringen.
Als ich drei Tage gefastet hatte,
da wagte ich nicht mehr, an Lohn und Ehre zu denken;
nach fünf Tagen
wagte ich nicht mehr, an Lob und Tadel zu denken;
nach sieben Tagen,
da hatte ich meinen Leib und alle Glieder vergessen.
Zu jener Zeit dachte ich auch nicht mehr an den Hof Eurer Hoheit.
Alle Betörungen der Aussenwelt waren verschwunden.
Dadurch ward ich gesammelt in meiner Kunst
und dem einzigen Gedanken an den Glockenständer.
Danach ging ich in den Wald
und sah mir die Bäume auf ihren natürlichen Wuchs an.
Als mir der rechte Baum vor Augen kam,
da stand der Glockenständer fertig vor mir, klar und ohne Zweifel.
Ich brauchte nur noch Hand anzulegen
und zu beginnen.
Hätte ich diesen einen Baum nicht gefunden,
so würde es überhaupt keinen Glockenständer geben.
Was ist geschehen?
Mein gesammelter Gedanke
ist auf das verborgene Potential im Holz getroffen;
Aus dieser Begegnung ist das entstanden,
was die Leute für ein göttliches Werk halten.”
von Chuang Tzu
Erfasst am 17.07.2019